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Pater Rupert Mayer bei einer Caritas-Straßensammlung am 18. Mai 1935. Durch das Sammlungsgesetz waren Straßensammlungen seit 1934 genehmigungspflichtig. | © (Huberta von Gumppenberg, Archiv des DiCV München und Freising e. V., Fotosammlung)

Pater Rupert Mayer

Der „Caritasapostel“ leistet Widerstand im nationalsozialistischen Regime

„Es war kurz vor der Caritassammlung im Jahre 1935. Ich war damals jüngste Fürsorgerin im Diözesan-Caritasverband in der Heßstr., als mich unser Caritasdirektor – Direktor Franz Müller (der erste!) – aufforderte, doch verschiedene Bilder von der Caritassammlung zu machen. So bin ich also mit meinem Fotoapparat losgezogen (…) Und dann bin ich natürlich nach St. Michael gegangen, um den bekanntesten und erfolgreichsten unserer Sammler aufzunehmen: Pater Rupert Mayer! So kam es zu diesen Bildern mit der Caritasbüchse und mit dem am schwarzen Rock angesteckten Caritasblümchen und mit dem liebenswürdigen, humorvollen Lächeln, das für P. Rupert Mayer so charakteristisch war und das auf den meisten der anderen Bilder von ihm nicht so zum Ausdruck kommt; da ist er immer mehr „der Kämpfer“, der er natürlich auch war. Aber für uns von der Caritas war er eben doch der immer bereite Mitarbeiter.“ Huberta von Gumppenberg im Caritasdienst 1987.

Geboren am 23. Januar 1876 in Stuttgart, studierte der Sohn einer Kaufmannsfamilie zunächst Theologie in Fribourg (Schweiz), München und Tübingen, bevor er 1899 die Priesterweihe in seiner Heimatdiözese Rottenburg-Stuttgart erhielt. 1900 trat er in das Noviziat des Jesuitenordens in Feldkirch (Österreich) ein, wobei er auch Ausbildungen in Holland absolvierte.[1] Im Jahr 1912 wurde Pater Rupert Mayer als Seelsorger für zugereiste Arbeiterinnen und Arbeiter, Dienstmädchen und Lehrlinge nach München gerufen, um diese zu beraten, ihnen bei der Bewältigung von Alltagsproblemen beizustehen und Unterstützung zu bieten.[2] Im Jahr 1921 bekleidete er das Amt des Präses der Marianischen Männerkongregation. Zudem wurde er in den Vorstand des Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e. V. gewählt.

Sein Kampf gegen die Nationalsozialisten begann schon früh. Bei einer Versammlung 1919 in der bayerischen Landeshauptstadt hatte der Jesuitenpater den späteren Diktator erstmals sprechen gehört und stellte betroffen fest, mit welcher Abneigung die Nationalsozialisten Andersdenkenden begegneten. Immer mehr kam er zu der Gewissheit, dass ein friedvolles Verhältnis zwischen Kirche und Nationalsozialismus nicht möglich sein werde.[3] Schon in den 1920er Jahren warnte er vor den Gefahren, die von den Nationalsozialisten ausgingen, und predigte bei Versammlungen und in der Messe seiner Kirche St. Michael kritische Inhalte gegen die NS-Bewegung. Folglich kam es nicht überraschend, dass er von den Nationalsozialisten ab 1933 genauestens überwacht wurde. Dies hielt ihn aber nicht auf.[4] Immer öfter verwies er in seinen Predigten auf die Aktualität der Caritas, der christlichen Nächstenliebe.[5] 1936 war es dann soweit: Pater Rupert Mayer wurde von der Staatsanwaltschaft zum Verhör gerufen. Ihm wurden „mitunter staatsfeindliche Äußerungen“ sowie „Politik auf der Kanzel“ vorgeworfen. Er rechtfertigte seine Reden als Verteidigung des katholischen Glaubens, hielt an seinen Standpunkten fest und predigte weiter – auch über die Grenzen Münchens hinaus.[6]

Ende Mai 1937 erhielt er ein „Redeverbot für das ganze Reichsgebiet“, welches ihn verstummen lassen sollte. Da er jedoch unbeeindruckt mit seinen Predigten fortfuhr, verhaftete ihn die Gestapo am 5. Juni 1937 zum ersten Mal. Der Vorwurf lautete: „Kanzelmißbrauch und Vergehen gegen das Heimtückegesetz“.[7] Pater Rupert Mayer kam in Untersuchungshaft ins Gefängnis München-Stadelheim. Hier stand er bis zum Beginn seiner Verhandlung vor dem Sondergericht, am 22. Juli 1937, unter Arrest. Das Gericht befand ihn für schuldig und verurteilte Mayer zu sechs Monaten Haft. Das Urteil wurde vorerst jedoch ausgesetzt, und nach der Versicherung, er würde sieben Wochen nicht predigen, durfte der Jesuitenpater Ende September wieder nach St. Michael zurückkehren. Dort nahm er zunächst seine Tätigkeiten als Seelsorger sowie im Beichtstuhl und Sprechzimmer wieder auf, bis er im Herbst 1937 erneut begann, in der Bürgersaal-Unterkirche München zu predigen. Wenig später hörte man Pater Rupert Mayer auch wieder von der Kanzel der St. Michael Kirche sprechen. Im Januar 1938 wurde er zum zweiten Mal verhaftet. Nach kurzem Aufenthalt im Wittelsbacher Palais, dem Hauptquartier der Gestapo, wurde er am 17. Januar in die Haftanstalt Landsberg am Lech überführt.[8] Nach seiner Freilassung im Mai desselben Jahres war ihm die Wiederaufnahme seiner Tätigkeiten versagt worden, und so widmete er sich der Einzelfürsorge, bis 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach.[9]

Kurz nach Kriegsbeginn forderte die Gestapo den Pater auf, Inhalte von Seelsorgegesprächen sowie Briefe von Soldaten an der Front preiszugeben – dieser weigerte sich, dem nachzukommen. Die Folge war seine dritte Verhaftung und die Deportation des Geistlichen in das Konzentrationslager Sachsenhausen-Oranienburg.[10] Völlig isoliert verbrachte er dort sieben Monate in einer Zelle, bis sich sein Gesundheitszustand so sehr verschlechtert hatte, dass er sich in Lebensgefahr befand. Um mit seinem Tod keinen Märtyrer zu erschaffen, veranlasste man die Überführung des Häftlings in die Benediktinerabtei Ettal. Hier blieb er bis zum Ende des Krieges in sogenannter Klosterhaft.[11] Ende April 1945 besetzten die amerikanischen Truppen Bayern; damit endete auch Pater Rupert Mayers Isolation und Berufsverbot. Am Christi-Himmelfahrts-Fest 1945 bestieg der Prediger endlich wieder eine Kanzel – in der Ettaler Abteikirche –, sprach zu den Gläubigen und rief sie zu Feindes- und Nächstenliebe auf. Auch sein Quartier in St. Michael konnte er wieder beziehen, von wo aus unzählige Rat- und Hilfesuchende in ihrer Not empfangen wurden und der Pater versuchte, das Elend der Nachkriegstage zu mildern.

Nachdem er im Oktober 1945 sein Amt als Präses der Männerkongregation abgetreten hatte, verstarb der „Apostel von München“ am 1. November 1945, wenige Stunden nachdem er während der Morgenmesse zum Allerheiligenfest in der Kreuzkapelle der Münchner St. Michael Kirche einen Schlaganfall erlitten hatte.[12] Am 3. Mai 1987 wurde Pater Rupert Mayer von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.[13] Sein Grab im Bürgersaal München ist noch heute eine Wallfahrtstätte vieler Gläubiger.

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[1] Vgl.: Pater Rupert Mayer, in: Marianische Männerkongregation. Mariä Verkündigung am Bürgersaal in München, auf: https://www.mmkbuergersaal.de/pater-rupert-mayer/lebenslauf.html, letzter Zugriff 16. Februar 2022.

[2] Vgl.: Sandfuchs, Wilhelm: „Für die Rechte der Kirche und die Freiheit“. Pater Rupert Mayer SJ - unerschrockener Bekenner und Glaubenszeuge im Kirchenkampf, in: Schwaiger, Georg: Das Erzbistum München und Freising in der nationalsozialistischen Herrschaft. Band II, München und Zürich 1984, S. 188.

[3] Vgl.: Sandfuchs, Wilhelm: „Für die Rechte der Kirche und die Freiheit“, S. 190.

[4] Vgl.: ebd., S. 193.

[5] Zitiert nach: ebd., S. 197.

[6] Vgl.: ebd., S. 197 f.

[7] Zitiert nach: ebd., S. 200.

[8] Vgl.: ebd., S. 202-205.

[9] Vgl.: ebd., S. 205 f.

[10] Vgl.: ebd., S. 206 f.

[11] Vgl.: ebd., S. 207 f.

[12] Vgl.: ebd., S. 209.

[13] Vgl.: Schäfer, Joachim: Artikel Rupert Mayer aus dem „Ökumenisches Heiligenlexikon“, https://www.heiligenlexikon.de/BiographienR/Rupert_Mayer.html, letzter Zugriff 16. Februar 2022.

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