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Beim Sonnenzug in Rom 1970: Helferinnen der Malteser und Volontari (Freiwillige Helfer) warten bei den Rollstühlen. | © (Fotograf unbekannt, Archiv des DiCV München und Freising e. V., Fotosammlung)

Die Geschichte des Ehrenamts 

Förderung des Ehrenamtes durch den Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e. V.

Das erste organisierte, freiwillige und soziale Ehrenamt entstand Mitte des 19. Jahrhunderts durch das Aufblühen des Vereinswesens.[1] In Sport-, Frauen- und Arbeitervereinen und Wohlfahrtsverbänden konnten sich Menschen für ihre Mitmenschen engagieren. Diese Hochphase hielt jedoch nicht lange an. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 war das vorläufige Ende des Ehrenamts besiegelt. Vereine und Verbände wurden gleichgeschaltet. Die Caritasverbände erklärten sich jedoch dazu bereit, im Winterhilfswerk mitzuwirken. Nachdem das NS-Regime dort deren Rolle zunächst auf die Sammlungstätigkeit reduzierte, wurden die Caritasverbände später komplett aus dem Winterhilfswerk verdrängt.[2] In der Nachkriegszeit wurden viele Tätigkeitsfelder, die bisher vornehmlich durch Ehrenämter bestritten worden waren, zunehmend professionalisiert sowie akademisiert. Das Ehrenamt erhielt dadurch eine eher nachgeordnete Bedeutung, sodass schließlich auch die Bereitschaft dazu zurückging.[3] Als Reaktion wurde in den 1980er Jahren durch den Bundesverband der Caritas-Konferenzen eine verstärkte Anerkennung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als eigenständige Partner gefordert. Besonders war die pastorale Begleitung der oft überlasteten Helfenden wichtig, ebenso wie regelmäßige Gesprächskreise mit Seelsorgern in den Pfarrgemeinden.[4] Zu dieser Zeit wurde das Ehrenamt als ein kontinuierlicher Dienst im Gegenzug zum spontanen und gelegentlichen Helfen angesehen. Für die Freiwilligen stand die Verwirklichung des Christseins sowie die Einflussnahme auf die Gestaltung des kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens im Vordergrund.[5]

Zur Jahrtausendwende änderten sich jedoch langsam die Einstellungen und Motive der Engagierten und auch des Diözesan-Caritasverbands. Das traditionelle Ehrenamt trat in den Hintergrund. Altruistische Werte wichen dem Wissen, dass Freiwillige oft nur einen begrenzten Zeitrahmen haben, um zu helfen. Zudem strebten viele eine möglichst große Selbstbestimmung an, wollten projektbezogen arbeiten, dabei möglichst viel Spaß haben und auch „verkrustete“ Strukturen aufreißen. Eine enge Beziehung zur Kirche war bzw. ist hierbei nicht mehr unbedingt notwendig.[6]

Dieser Trend hält sich bis heute. Interessierte können sich in den fünf Freiwilligen-Zentren in der Erzdiözese beraten lassen und das individuell passende Ehrenamt finden. Die Einsatzbereiche sind mannigfaltig. Die Website des Diözesan-Caritasverbands gibt einen ersten groben Überblick, was möglich ist.[7] Wer sich intensiv betätigen möchte, vor allem in jüngeren Jahren, hat die Möglichkeit, den Bundesfreiwilligendienst oder das Freiwillige Soziale Jahr zu absolvieren.

Insgesamt engagieren sich in der Erzdiözese München und Freising aktuell 200.000 Ehrenamtliche.[8] Eine Zahl, auf die man stolz sein kann, und die trotzdem jederzeit noch ausbaufähig ist.

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[1] Zuvor dominierte das politische Ehrenamt, wobei wohlhabende und angesehene Bürger gedrängt wurden, öffentliche Aufgaben unentgeltlich zu übernehmen, zur Schonung der Staatskasse.

[2] Für genauere Informationen zur Geschichte des Ehrenamts mit dem Fokus auf dem bundesrepublikanischen Sammlungswesen vgl., Lingelbach, Gabriele, Die Geschichte des Ehrenamts im bundesrepublikanischen Sammlungswesen. Über die Grenzen staatlich durchgesetzter Freiwilligenarbeit, in: Westfälische Forschungen 55 (2005), S.337-359, hier S.339.

[3] Zu einer zusammengefassten kurzen Geschichte des Ehrenamts in der Caritas vgl., Caritasverband der Erzdiözese München und Freising, Für Gottes Lohn? Ehrenamtliche und bürgerschaftliche Initiativen in Kirche und Caritas, München 2001.

[4] Caritas Zeitgeschichte 10 1986 Teil II, 1200.

[5] Bock, Teresa, Ehrenamtliche Arbeit in der Caritas, in: Paul Nordhues (Hrsg.), Handbuch der Caritasarbeit. Beiträge zur Theologie, Pastoral und Geschichte der Caritas mit Überblick über die Dienste in Gemeinde und Verband, Paderborn 1986, S.213-220.

[6] Für diese und mehr Informationen: II ZTR/DIR3 228 Sozialpolitische Position DiCV 2000.

[7] Caritasverband München und Oberbayern, Ehrenamt bei der Caritas in München und Oberbayern, unter: https://www.caritas-nah-am-naechsten.de/engagieren, letzter Zugriff 20. Februar 2022.

[8] Für diese und weitere Zahlen vgl., Zahlen, Daten, Fakten im Erzbistum München und Freising, unter: https://www.erzbistum-muenchen.de/ueber-uns/zahlen-daten-fakten, letzter Zugriff 20. Februar 2022.

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