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Kinder vor einer Baracke im Lager Allach b. München, ca. 1947. | © (Fotograf unbekannt, Archiv des DiCV München und Freising e. V., Fotosammlung)

Flucht und Vertreibung

Die Geflüchteten- und Vertriebenenhilfe des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising nach 1945

Mit Pferdefuhrwerken und Lastkraftwagen durch München und das Umland ziehend, bemühte sich der damalige Diözesan-Caritasdirektor Oskar Jandl um Kleidung, Essen und andere lebensnotwendige Güter für die in Lagern untergebrachten Geflüchteten.[1] Es gab viel zu tun: Vor allem die Paketsammlungen mit Lebensmitteln und Kleidung waren von großer Bedeutung, aber auch notwendige Gebrauchsgegenstände, Spielsachen für Kinder und Musikinstrumente wurden zusammengetragen. Um die Weihnachtszeit 1946 wurden ca. 40.000 Pakete gesammelt sowie 20.000 Tüten mit Kalendern und Weihnachtsgrüßen gefüllt.[2]

1,9 Millionen vor allem aus den Ostgebieten fliehende und vertriebene Menschen erreichten bis 1950 Bayern.[3] Davon wurden über 60% bei der Landbevölkerung einquartiert, ein erheblicher Anteil jedoch musste in Sammelunterkünften und Lagern verbleiben. Zunächst wurden die Vertriebenen und Flüchtlinge überwiegend in Kasernen, Turnhallen, Baracken sowie Waren- und Gasthäusern untergebracht.[4]  In Caritas-Einrichtungen in ganz Deutschland standen ihnen 90.000 Betten zur Verfügung. Weitere 70.000 kamen durch die zwischen 1945 und 1947 neu entstandenen Fürsorgeeinrichtungen hinzu. Eine solche Einrichtung war das Münchner Lager Allach I, in dessen zehn Baracken rund 2000 Menschen, unter anderem Kleinkinder und ihre Angehörigen Platz finden konnten.

Neben der gesundheitlichen und materiellen Versorgung war dem Diözesan-Caritasverband auch das seelische und geistliche Wohl der geflüchteten Menschen ein Anliegen. Lagerseelsorger, Caritasschwestern und -fürsorgerinnen versuchten, durch Gottesdienste und Betreuungsabende die christliche Gemeinschaft zu stärken und den Vertriebenen einen sicheren Raum für Gespräche zu bieten.[5]

Gegen Ende 1947, nachdem die ersten großen Vertreibungswellen zurückgegangen waren, trat zunehmend die Frage nach der Eingliederung in Wohn- und Arbeitswelt in den Vordergrund. Hierfür organisierte der Diözesan-Caritasverband Hilfsprogramme, welche Arbeitsvermittlung, Grund- und Fortbildungen für die Jugend aber auch Umschulungskurse für Erwachsene beinhalteten. Auch im Wohnungsbau und für Siedlungswerke engagierte er sich.[6]

Der Diözesan-Caritasverband war bei der Vertriebenen- und Geflüchtetenhilfe der Nachkriegszeit im Gebiet der Erzdiözese von großer Bedeutung. Er nahm sich der Schutzsuchenden an, half mit Obdach, Lebensmittelversorgung und materiellen Spenden. Auch bei der Eingliederung in die Arbeitswelt war er eine Stütze und bot Fortbildungen, Umschulungen und Arbeitsvermittlungen an.

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[1]  Vgl.: Eder, Manfred: Helfen macht nicht ärmer. Von der kirchlichen Armenfürsorge zur modernen Caritas in Bayern. Altötting 1997, S. 502 ff.

[2] Vgl.: Eder, Helfen macht nicht ärmer, S. 506.

[3] Vgl.: Ziegler, Walter: Geflüchtete und Vertriebene, in: Historisches Lexikon Bayern, publiziert am 06.09.2011, auf: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Fl%C3%BCchtlinge_und_Vertriebene, letzter Zugriff 08.07.21. Allgemeine Zahlen zu Flucht und Vertreibung: Vogel, Thomas: Kriegsfolgen, auf: Bundeszentrale für politische Bildung, https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/der-zweite-weltkrieg/202284/kriegsfolgen, letzter Zugriff 08.07.21.

[4] Vgl.: Eder, Helfen macht nicht ärmer, S. 504

[5] Vgl.:  ebd., S. 507.

[6] Vgl.:  ebd. S. 509.

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