Kontakt
Stand der Suchtkrankenhilfe in der Fußgängerzone Neuhauser Straße, ca. 1990. | © (Fotograf unbekannt, Archiv des DiCV München und Freising e. V., Fotosammlung)

Harte Drogen

Die Suchtberatung des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V.

Der Beginn des Drogenkonsums reicht weit zurück. Bewusstseinsverändernde Substanzen waren den Menschen bereits seit Jahrtausenden bekannt. Sie wurden oft gezielt eingesetzt, die Wirkung bewusst angestrebt. Die Folgen wurden dabei meist unterschätzt. So erfährt man aus einem Universallexikon des 18. Jahrhunderts, dass man „Opium in zieml. Menge ohne Schaden mit grossem Vortheil“ nutzen könnte.[1]

Während übermäßiger Alkoholkonsum vor allem als Problem der unteren Gesellschaftsschichten gehandelt und bereits seit Langem von verschiedenen Stellen bekämpft wurde, war der Konsum harter Drogen bis Ende der 1960er Jahre vor allem in den privilegierteren Gesellschaftsschichten verbreitet. Das änderte sich Anfang der 1970er Jahre, als illegale Drogen in einer „Rauschgiftwelle" Teil der Jugendkultur wurden. Die Zahl an Konsumenten illegaler Drogen stieg massiv an. Am 22. Dezember 1971 wurde in der Folge im Deutschen Bundestag das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verabschiedet. Die Höchststrafen für Drogendelikte stiegen von drei auf zehn, später sogar auf 15 Jahre. Durch Strafandrohung sollte von Handel und Konsum illegaler Drogen abgeschreckt werden. Die Behandlung von Drogenabhängigen geschah in psychiatrischen Anstalten. Diese waren jedoch mit der neuen Aufgabe und der hohen Anzahl Drogenabhängiger überfordert. Das BtMG ermöglichte es, durch Teilnahme an speziellen Langzeittherapie-Angeboten einer Gefängnisstrafe zu entgehen.[2] Die Anzahl der Therapieplätze entsprach jedoch nicht ansatzweise der Zahl der Drogenabhängigen. In Bayern kam es zu Wartezeiten von über sechs Monaten auf einen Therapieplatz.[3] In den 1980er Jahren fand, auch ausgelöst durch die HIV/AIDS-Pandemie, ein Umdenken statt. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter versuchten, mit niedrigschwelligen, suchtbegleitenden und akzeptierenden Angeboten drogenabhängige Menschen zu begleiten. Ziel war die Verhinderung von Sucht.[4]

Der Diözesan-Caritasverband eröffnete 1970 die erste Fachambulanz für Suchtkranke in München und späterhin weitere psychosoziale Beratungsstellen für Alkohol- und Drogenabhängige.[5] Weitere Einrichtungen waren unter anderem die 1982 als Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen eröffnete Klinik Fasanenhof in München-Neuhausen, 1985 die Nachsorgeklinik für Drogen- und Alkoholabhängige im Caritaszentrum Traunstein und 1986 ein Therapiezentrum in der Klinik Fasanenhof.[6]

Im Jahr darauf startete in Nordrhein-Westfalen das erste Methadonprogramm Deutschlands. 1992 entstanden sieben Modellprojekte „Mobile Drogenprävention" in Bayern, eines davon in Miesbach, getragen vom Diözesan-Caritasverband.[7] Noch immer blieb die Zahl der Angebote aber weit unter der benötigten Anzahl. Eine erste Methadonambulanz des Diözesan-Caritasverbands eröffnete 1996.[8]

Die regelmäßige Organisation neuer Projekte und Konzepte soll den suchtkranken Patientinnen und Patienten eine Hilfe bei ihrem Weg aus der Drogensucht sein. 2005 bekam die Fachambulanz für junge Suchtkranke eine Außenstelle in der JVA Stadelheim.[9] Die „Fachambulanz Süd“ nahm im Sommer des Jahres 2008 ein neues Programm in Angriff. Unter dem Motto „LebensMut – stärker als Sucht“ konzentrierte sich das Projekt überwiegend auf Jugendliche und junge Betroffene.[10] Inzwischen umfasst das Angebot des Diözesan-Caritasverbands im Bereich der Suchtberatung auch einen anonymen Online-Beratungsdienst.[11]

Heute betrifft das Thema Sucht in Deutschland weitreichende Teile der Bevölkerung und ist in allen Gesellschaftsschichten zu finden. Nach wie vor ist der Alkohol das beliebteste Suchtmittel.[12] Doch auch die Zahl der von illegalen Drogen abhängigen Personen steigt. Vor allem in der aktuell andauernden COVID-19-Pandemie wurde die Suchtproblematik gravierender.[13] Solange es die Anerkennung gegenüber Suchtproblematiken gibt, solange wird versucht, Betroffenen zu helfen. Beim Thema Sucht und Drogen steht der Diözesan-Caritasverband mit einer großen Bandbreite an unterstützenden Angeboten Betroffenen zur Seite. Die Betreuung von Menschen mit Suchterkrankungen aller Art, so auch etwa die Spielsucht, hat beim Caritasverband eine lange Tradition. Psychische Probleme werden immer im Kontext mit sozialen Problemen betrachtet und auch entsprechend behandelt.[14] Durch ihr vielfältiges, individuelles Angebot, langjährige Erfahrung sowie das jahrzehntelange Wachstum im Bereich der Suchtberatung schuf der Diözesan-Caritasverband ein stabiles Netzwerk für alle Betroffenen, die Hilfe suchen.

------------
 

[1] Vgl.: Feustel, Robert: Eine unendliche Geschichte. Von Menschen und Drogen – ein Essay, auf: Bundeszentrale für politische Bildung, https://www.bpb.de/apuz/rausch-und-drogen-2020/321814/von-menschen-und-drogen, letzter Zugriff 11. Januar 2022.

[2] Vgl.: Schmidt-Semisch, Henning: Von der Abstinenz zur Akzeptanz. Wegmarken der deutschen Drogenpolitik und Suchthilfe. https://www.bpb.de/apuz/rausch-und-drogen-2020/321820/wegmarken-der-deutschen-drogenpolitik-und-suchthilfe, letzter Zugriff 18. Januar 2022.

[3] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., III/PAS 2.

[4] Vgl.: Schmidt-Semisch, Henning: Von der Abstinenz zur Akzeptanz.

[5] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., II/ZTR-EINGL/3; vgl. auch Caritasdienst 1990, S. 37 f.: 20 Jahre Caritas-Fachambulanz für Suchtkranke in München.

[6] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., II/ZTR-SOD/1 370, II/ZTR-BAU/1 79.

[7] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., II/ZTR-EINGL/3 24.

[8] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., III/B JB 245.

[9] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., III/B JB 486.

[10] Vgl.: Geschäftsbericht Caritasverband der Erzidözese München und Freising e.V. 2008/2009, S. 31.

[11] Vgl.: Hilfe und Beratung bei Sucht. Online Beratung, auf: https://www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung/suchtberatung/start, letzter Zugriff 20. Februar 2022.

[12] Vgl.: Jahrbuch Sucht 2020. Deutschland bleibt Alkohol-Hochkonsumland, auf: Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V., https://bvpraevention.de/cms/index.asp?inst=newbv&snr=13019, letzter Zugriff 20. Februar 2022.

[13] Vgl.: Zahl der an illegalen Drogen verstorbenen Menschen während der Coronapandemie um 13 Prozent gestiegen (25.03.21), auf: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, https://www.drogenbeauftragte.de/presse/detail/zahl-der-an-illegalen-drogen-verstorbenen-menschen-waehrend-der-coronapandemie-um-13-prozent-gestiegen/, letzter Zugriff 20. Februar 2022.

[14] Vgl.: Geschäftsbericht Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e. V. 2008/2009, S. 30.

 

Bilder-Galerie