Kontakt
Auszug aus dem Vereinsregister. | © (Archiv des DiCV München und Freising e.V., Altregistratur)

„Tuet Gutes Allen“

Die Gründung des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V.

Die organisierte Caritas im Königreich Bayern hatte sich dem 1897 gegründeten „Caritasverband für das katholische Deutschland“ nicht angeschlossen. Stattdessen sollte eine eigene bayerische Caritasorganisation entstehen. Zunächst war beabsichtigt, dass sich das Sekretariat des Münchener Ortsverbands „mit der Zeit zu einer Zentrale für ganz Bayern entwickeln“[1] solle. Die Überforderung durch die Folgen des Ersten Weltkriegs führte im Jahr 1917 dennoch zur Gründung eines bayerischen Verbands, des „Katholischen Caritasverbands für das Königreich Bayern“. Seine führenden Mitglieder stammten weitestgehend aus dem Münchner Ortsverband.[2] Vier Jahre später bereits wurde er wieder aufgelöst und dann als „Landesverband Bayern“ an den gesamtdeutschen Verband angeschlossen, der sich seit 1918 offiziell „Deutscher Caritasverband“ (DCV) nannte.

Als erster bayerischer Diözesanverband war 1918 der Caritasverband Eichstätt entstanden. Es folgten die Verbände Würzburg, Speyer und Passau im Jahr 1920, Augsburg und Bamberg im Jahr 1921 und Regensburg im Jahr 1922. Damit waren in allen bayerischen Bistümern Diözesan-Caritasverbände entstanden. Nach dem Anschluss des bayerischen Landesverbandes an den DCV war der Weg frei für einen Spitzenverband auch in der Erzdiözese München und Freising. Auch wenn die Vorsitzenden des Ortsverbands noch skeptisch waren: In einer gestärkten Verhandlungsposition innerhalb des neuen Gefüges der öffentlichen und konfessionellen Wohlfahrt, damit relativer finanzieller Sicherheit und einer bewährten Infrastruktur zeigten sich bald die Vorteile einer engeren Anbindung an die Kirche und ihre räumliche Gliederung.

Bereits 1920 hatte der Vorstand des Münchner Ortsverbands beschlossen, eine Neufassung seiner Satzung vorzunehmen, um den großen Herausforderungen nach dem Ersten Weltkrieg besser begegnen zu können. Ein eigens dafür eingesetzter Ausschuss entwarf eine Satzung, welche die Umwandlung zu einem Caritasverband für die gesamte Erzdiözese München und Freising vorsah. Auch die Organisation wurde geändert: Waren die Vorsitzenden und Direktoren bisher durch Wahlen eingesetzt worden, bestimmte sie fortan unmittelbar der Erzbischof.[3] Die Verbandsleitung stimmte auf der Generalversammlung am 10. Februar 1922 der Umwandlung zu. Am Aufbau der neuen Organisation waren neben dem Münchner Ortsverband auch die Verbände Berchtesgaden, Freising und Landshut entscheidend beteiligt.[4] Offiziell hieß der gegründete Diözesanverband bei seiner Eintragung in das Vereinsregister „Katholischer Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e. V.“.[5]

Als Zweck des Diözesan-Caritasverbands wurde in der Satzung angegeben, die Werke der christlichen Nächstenliebe im Gebiet des Erzbistums zu fördern und zu pflegen und die Belange der katholischen Caritas gegenüber öffentlichen Stellen sowie nichtkatholischen Vereinigungen zu vertreten. Dies sollte durch Versammlungen, das Abhalten von Lehrgängen, publizistische Aktivität und die Errichtung von Anstalten wie Kindergärten, Jugendheimen, Krankenhäusern oder Altenheimen geschehen. Betont wurde, dass ein Eingriff in die satzungsgemäße Tätigkeit der dem Verband angeschlossenen Einrichtungen nicht möglich sei.[6]

Im neuen Diözesanverband sollte, um die reibungslose Arbeit, Koordination und Kommunikation vor Ort und zwischen Ort und Zentrale zu ermöglichen, in jeder Pfarrei des Erzbistums ein eigener Caritasausschuss ins Leben gerufen werden. Dieser setzte sich aus einem Vorstand, gewählten Mitgliedern sowie je einem Vertreter der wichtigsten kirchlichen und sozialen Organisationen im Pfarrgebiet zusammen.[7] Der Ausbau schritt rasch voran. Bereits im ersten Jahresbericht konnte der Diözesan-Caritasverband berichten, dass in der Hälfte aller Pfarreien Caritasausschüsse gegründet worden waren.[8] Ende 1922 gehörten dem neuen Verband bereits 18 Verbände, 251 Caritasausschüsse und 296 Anstalten an.[9]

------------

[1] Erster Jahresbericht des Kath. Caritasverbandes München für das Jahr 1900, S. 7.

[2] Koch, Georg: Der Baum der Caritas ist nicht erst in neuer Zeit gepflanzt worden, in: 50 Jahre Caritasverband München. 1922-1972, S. 59-75, hier S. 67; Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., AR 116, Aufruf zum Eintritt in den Katholischen Caritas-Verband für das Königreich Bayern, Juni 1917; Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., AR 116, Koch, Georg: Geschichtsblätter der Münchener Caritas. Werden und Wachsen einer diözesanen Caritasorganisation, in: Caritasdienst. Mitteilungen des Katholischen Caritasverbandes der Erzdiözese München und Freising 4 (1963), S. 26-33, hier S. 30; Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., AR 116, Satzungen des Kath. Caritas-Verbandes für das Königreich Bayern e. V., München 1918.

[3] Eder, Manfred: »Helfen macht nicht ärmer«. Von der kirchlichen Armenfürsorge zur modernen Caritas in Bayern, Altötting 1997, S. 415 f.

[4] Eder, S. 415 f.

[5] Müller, Franz Sales: Kirche nicht ohne Caritas. Caritas nicht ohne Kirche, in: 50 Jahre Caritasverband München. 1922-1972, München 1972, S. 19-28, hier S. 20.

[6] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., AR 116, Satzung des Katholischen Caritasverbandes der Erzdiözese München und Freising e. V., 1922.

[7] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., AR 164, Die organisatorische Ausgestaltung der Pfarr- und Caritasausschüsse, o.D.; Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., AR 164, Mustersatzungen für einen Caritasverein in einer Landgemeinde, o. D.; Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., AR 164, Die organisatorische Ausgestaltung der örtlichen Caritasarbeit und Seelsorgehilfe, o. D.

[8] Archiv des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e. V., AR 882, Jahresbericht 1922 des Caritasverbandes der Erzdiözese München-Freising und Verzeichnis der caritativen Vereine und Anstalten der Erzdiözese München-Freising, S. 5.

[9] Eder, S. 416-418.

Bilder-Galerie