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Unter dem Motto „Weit weg ist näher als du denkst“ fand am 28. September 2014 der Caritassonntag im Münchner Dom statt. Das hölzerne Kreuz wurde aus den Planken eines auf Lampedusa gelandeten Flüchtlingsschiffs gezimmert.  | © (Fotograf unbekannt, Archiv des DiCV München und Freising e. V., Fotosammlung)

Flüchtlingskrise

Hilfe für Geflüchtete in der Erzdiözese München und Freising 2015–2016

Der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e. V. nimmt sich, ganz seiner christlichen Werteorientierung entsprechend, der Belange der geflüchteten Familien und Personen an. Unter anderem ausgelöst durch den Bürgerkrieg in Syrien stieg die Zahl der Asylanträge in Deutschland und der EU seit 2011 stetig an. Noch im gleichen Jahr begann der Caritasverband, minderjährige Flüchtlinge in der ehemaligen Fachklinik für Suchtkranke Fasanenhof in München unterzubringen. Dieses Vorgehen wurde beispielhaft für die Unterbringung von Geflüchteten in den nächsten Jahren. Kurz zuvor geschlossene oder schon länger leerstehende Einrichtungen wurden kurzerhand in Flüchtlingsunterkünfte umgewandelt. So auch 2014 die beiden ehemaligen Altenheime St. Vinzenz in Garmisch-Partenkirchen und St. Felicitas in Bischofswiesen.

Die humanitäre Katastrophe an den Außengrenzen Europas war schon lange bevor die großen Flüchtlingswellen von Herbst 2015 bis Frühjahr 2016[1] in Deutschland ankamen, bekannt. Im Auftaktgottesdienst der bundesweiten Herbstsammlung der Caritas 2014 im Münchner Liebfrauendom spielte das „Lampedusa-Kreuz“ eine tragende Rolle – ein hölzernes Kreuz, gezimmert aus den Planken eines vor der italienischen Küste bei Lampedusa angelandeten Flüchtlingsbootes. Ab dem Herbst 2015 musste der Diözesan-Caritasverband seine Asylarbeit massiv verstärken. Die Asylsozialberatungsstellen wurden ausgebaut. In den Landkreisen wurden Ehrenamtskoordinatorenstellen für die Begleitung der vielen Ehrenamtlichen eingerichtet, die mit großem Engagement halfen, die schwierige Aufgabe zu bewältigen. Zur Unterbringung der Flüchtlinge wurden Häuser des Dözesan-Caritasverbands genutzt,  in Fürstenfeldbruck wurde das Caritas-Alveni-Jugendhaus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eröffnet, und in München wurde in den Räumen der früheren Fachakademie für Sozialpädagogik in der Hiltenspergerstraße eine Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingerichtet. Außerdem übernahm der Diözesan-Caritasverband die Asylberatung in mehreren Unterkünften und Traglufthallen. Dieser Ausbau der Asylarbeit wurde nicht zuletzt durch zusätzliche finanzielle Unterstützung der Erzdiözese möglich gemacht.

Das beiderseitige Engagement für Flüchtlinge führte auch dazu, dass im Gebiet der Erzdiözese die Zusammenarbeit zwischen den Caritas-Zentren und den Pfarreien bzw. Pfarrverbänden in den letzten Jahren erheblich intensiviert wurde. In Garmisch-Partenkirchen wurde 2016 das St. Josef-Haus eingeweiht; es war von der Pater-Rupert-Mayer-Stiftung erworben worden und wurde dem Diözesan-Caritasverband für die Begleitung minderjähriger Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. In Kloster Ettal übernahm der Diözesan-Caritasverband die Betreuung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Jugendhaus St. Leonhard, ebenso im Alveni-Jugendhaus in Au/Hallertau und in Gilching.

Neben der praktischen Hilfe und Unterstützung für Geflüchtete setzt sich der Diözesan-Caritasverband auch für ihre Anerkennung, Unterstützung und den Schutz durch die Gesellschaft ein. Der Vorstand des Diözesan-Caritasverbands verfasste einen offenen Brief, in dem er sich gegen Tendenzen der Entsolidarisierung, rechtspopulistische Verkürzungen und die feindselige Abwertung von Menschen und Gruppen wandte. Auch nahm der Verband an der Friedenskette der Religionen in der Münchner Innenstadt teil. Das EU-Türkei-Abkommen vom 18. März 2016 sowie das Schließen der Fluchtrouten durch den Westbalkan mittels Grenzzäunen führte dazu, dass der starke Zustrom Schutzsuchender in den folgenden Jahren deutlich zurückging. Im Dezember 2016 verabschiedete der bayerische Landtag das Bayerische Integrationsgesetz, welches der Diözesan-Caritasverband von Anfang an kritisierte.[2] 2019 erklärte der bayerische Verfassungsgerichtshof das neue Gesetz in Teilen für verfassungswidrig, nachdem die Oppositionsparteien dagegen geklagt hatten.

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[1] Allg. zur ersten großen Flüchtlingswelle 2015 und der Zeit danach vgl. Daldrup, Till: Das Jahr, das Deutschland veränderte, auf: Zeit Online. 09.03.2016, https://www.zeit.de/politik/ausland/2016-03/fluechtlingskrise-deutschland-bilanz-fluechtlingspolitik-zaesur, letzter Zugriff 23.07.21, und: Migrationsbericht 2019, auf: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Forschung/Migrationsberichte/migrationsbericht-2019.html, letzter Zugriff 23.07.21.

[2] Aus einer Pressemitteilung des Diözesan-Caritasverbands im April 2016: “Das Integrationsgesetz fordere in erster Linie die Integration der Migranten, schließe aber eine Förderung nahezu aus. „Es hat einen Zwangscharakter und vermittelt den Eindruck, dass man von integrationsunwilligem Klientel ausgehe“, schreibt Norbert J. Huber, Geschäftsführer der Caritas-Zentren München Stadt/Land. Das Gesetz arbeite mit Pflichten, Sanktionen und einer Orientierung an der so genannten Leitkultur und beschränke sich zudem auf Bildung und Sprache.“